20.01.2021

ingoBerta 2008: "Von Hirten und Wölfen"

Von Hirten…

Der Beruf des Hirten ist uralt, in jeder Kultur anzutreffen und bis heute so gut wie in seiner Ursprünglichkeit erhalten. Von jeher zog der Hirte als Hüter der Herde auf der Suche nach Futter mit den Tieren umher und verbringt den ganzen Tag, oft auch noch die Nacht bei seinen Tieren. Er schützt Nutztiere, wie Gänse, Schafe, Ziegen, Schweine, Kühe, Esel und Pferde vor Räubern und Raubtieren... hier Hirte genannt, dort Cowboy oder Gaucho. Unterstützt wird der Hirte bei seiner Arbeit von einem der ersten Haustiere: dem Hund. Beim Beschützen und Zusammentreiben der Herde haben sich einige Hunderassen wie beispielsweise der Schäferhund oder der Berner Sennenhund besonders bewährt. Auf Lateinisch heißt Hirte „Pastor“. Daraus lässt sich schließen, dass der Hirte in der Bibel eine zentrale Stellung einnimmt  Wer kennt nicht den Psalm: „Der Herr sei mein Hirte, mir wird nichts mangeln, er weidet mich auf einer frischen Aue und führtet mich zu  frischem Wasser“ –  Petrus und David sind biblische Hirten. Eine recht schwache Abwehrwaffe ist der Hirtenstab oder Davids Schleuder. Welchen Stellenwert die Hirten in der biblischen Geschichte haben, schlägt sich in der Weihnachtsgeschichte nieder. Christus wird in einem Stall geboren, Hirten sind die ersten Menschen, die ihn begrüßen.

Aber auch in Märchen und Sagen trifft man immer wieder auf die Gestalt des Hirten. Im Saarland ist es die Sage vom „Gänseliesel“, bei den Gebrüdern Grimm der „Schweinehirt“.

 

„Der Hirte spielte früher eine gewichtige Rolle im Dorfleben, ihm war ja gewissermaßen das Vermögen der Viehbesitzer anvertraut. Wir wissen aus der Geschichte, dass die Hirten zusammen mit den Schützen vereidigt wurden. Der Hirte war verantwortlich für die ihm anvertraute Herde; wenn er durch Fahrlässigkeit oder sein Verschulden ein Tier verlor oder zu Schaden brachte, mußte er es ersetzen. Er mußte auch ein starker Mann sein, der die Tiere gegen räuberische Überfälle verteidigen konnte...“, heißt es in der Reichenbrunner Chronik, die Alfons Schmitt verfasste.

 

 

... und Wölfen

Doch es waren nicht nur umherziehende räuberische Banden, die den hiesigen Hirten das Leben erschwerten, sondern auch Wölfe, die es nicht nur auf Ziegen und Schafe abgesehen hatten. Davon zeugen Einträge vom 31. Juli und

14. September 1812 im französisch geschriebenen Sterberegister der „Marie de St.Imbert“, die Bürgermeister Greß und die Zeugen Martin Collisi, Jacob Weyand und Johann Scharrer unterschrieben haben. In der Anzeige vom Juli, in der es heißt, dass der 7jährige Johann Adam Weiland verstorben sei, hat der Bürgermeister eine Randnotiz gemacht. Sie lautet, dass der genannte Johann Adam Weiland mit 4 seiner Kameraden in der Nähe des St. Ingberter Waldes Kühe hütete und von einem Wolf „erwürgt“ wurde. „Am 30. Juli gegen 9 Uhr morgens hat man den stark verletzten und zerrissenen Leichnam des unglücklichen Opfers gefunden“. In der Anzeige vom September sagt die Randnotiz: „NB. der in dem obigen Akte bezeichnete Jean Scherer wurde von einem Wolf auf der (großen) Landstraße vor den ersten Häusern zur Schmelz zerrissen (erwürgt).“

 

Es gibt widersprüchliche Belege darüber, wann der letzte Wolf im Saarland erlegt wurde. Schriftlich überliefert ist, dass ein Wolf im Sommer 1864 bei Kirkel-Neuhäusel großen Schaden an einer Schafsherde anrichtete und im Frühjahr 1865 zwischen Rohrbach und Neuhäusel bei einer Treibjagd vom St.Ingberter Apotheker Weigand erschossen wurde.

 

Aus anderer Quelle heißt es, dass der letzte Wolf unserer Gegend im „Eichertsthal“ (oberes Grumbachtal), in der Nähe von Sengscheid bei einer Polizei-Treibjagd erlegt wurde, die der Königliche Oberförster Lamarche aus Saarbrücken veranstalten ließ.

Heute ist man bemüht, den vom Aussterben bedrohten Wolf in Deutschland wieder anzusiedeln.

 

(Text: Norbert Wiese in "ingoBerta, St. Ingberter Blätter",

Ausgabe 39, Winter 2008. © U. + N. Wiese)

 

(Startseite)