07.04.2021
Poststellen in Oberwürzbach
In Oberwürzbach hat vor ein paar Wochen die Poststelle, welche bei Tabakwaren Schmitt angegliedert war, geschlossen.
Bisher hat sich leider noch kein Nachfolger gefunden. Das ist schade für unseren Ort und bedeutet wieder längere Wege.
Die Poststellen haben in unserem Ort eine lange Geschichte, welche jetzt wohl leider zu Ende geht. Aus diesem Grund veröffentlichen wir hier einen sehr lesenswerten Artikel aus der ingoBerta aus dem Jahr 2004, welcher sich mit der Geschichte der Poststellen in unserem Ort befasst.
Der genaue Zeitpunkt, wann und wo in Oberwürzbach zum ersten Mal eine Poststelle errichtet und eingerichtet wurde, konnte mit letzter Sicherheit nicht mehr ermittelt werden.
Nachweislich befindet sich aber seit über 70 Jahren eine Postagentur im Ort. Der älteste bisher bekannt gewordene Posthalter war der Kaufmann Jakob Becker. Er wohnte in der Hauptstraße im Haus der späteren Bäckerei Scherer, wo auch die Poststelle ihr Unterkommen fand. Als der Kaufmann und Postagent Jakob Becker im Februar 1911 verstarb, betreute zwischenzeitlich sein Bruder, der Lehrer Johann Becker, die vakant gewordene Posthalterei im Dorf.
1912 übernahm der Maurermeister Jakob Nikolaus Schmitt die Postagentur im Ort. Mit seinem Dienstantritt verlagerte sich auch der Postbetrieb von der Hauptstraße zur Friedhofstraße hin. 37 Jahre lang bis zu seinem Tod im Jahre 1949 war Jakob Schmitt als Posthalter in Oberwürzbach tätig. Seine Enkelin Trudel Sommer übernahm das „Erbe“ des Großvaters und stand der Poststelle bis 1951 vor.
Von 1912 bis 1949 befand sich in dem Haus von Anna (geb. Rebmann) und Nikolaus Schmitt in der Oberwürzbacher Friedhofstraße 24 eine Poststelle.
„Am 16. November 1951 wurde die Posthalterei von Elfriede Hauck, wohnhaft in der Flurstraße 5, übernommen. Die Poststelle Oberwürzbach ist mit einer Bediensteten ganztätig besetzt. Der tägliche Arbeitsanfall besteht aus etwa 200 bis 300 eingelieferten Briefen und zirka 4 bis 5 Päckchen und Paketen. Täglich werden von zwei Briefboten etwa 800 Briefe zugestellt.“
Soweit das Zitat aus dem Buch „800 Jahre Oberwürzbach“ von 1989.
Danach befand sich die Poststelle jahrelang in einem Raum des ehemaligen Bürgermeisteramtes.
Seit 1996 bringen die Oberwürzbacher ihre Briefe und Pakete zum „Zigaredde-Ännche“. Anna Schmitt war Kriegerwitwe und verdiente 50 Jahre lang ihren Lebensunterhalt, indem sie in der Haupstraße einen Tabak- und Zeitschriftenladen unterhielt.
Anschließend übernahm ihr Sohn, der Lehrer Bernhard Schmitt, das Geschäft, in dem sich seit 1996 auch ein Post-Shop befindet. Hinter der Theke steht seine Frau, Marianne Schmitt.
Von einer oberwürzbacher Poststelle
und einem aus St. Ingbert stammenden Fuhrmann
Großen Anklang fand der Bericht, den der Herausgeber dieses Heftes, Norbert Wiese über die „Järr-Franze“ aus St. Ingbert geschrieben hat (ingoBerta Nr. 19, Seite 64 + 65). Darin war erwähnt, dass ein Bruder desselben, nämlich der Fuhrmann Peter Hager (1902 - 1983) nach Oberwürzbach heiratete und dort ein eigenes Fuhrgeschäft betrieb. Wir sind dieser Spur nachgegangen.
Dabei sind wir auf die ehemalige Poststelle in der Friedhofstraße Nr. 24 und auf den Posthalter Jakob Schmitt gestoßen. Der hatte eine hübsche Tochter, die Selma. An ihr hatte der St. Ingberter Fuhrmann Peter Hager Gefallen gefunden. Nachdem er um ihre Hand angehalten hatte, heirateten die beiden Anfang der 1940er Jahre. In der Poststelle bei den Schwiegereltern bezogen sie eine eigene Wohnung.
Selma, die Tochter von Anna und Nikolaus Schmitt heiratete Anfang der 1940er Jahre den St. Ingberter Fuhrmann Peter Hager. Das Foto zeigt die Hochzeitsgesellschaft vor dem Haus mit der Poststelle in der Oberwürzbacher Friedhofstraße. Ganz rechts neben dem Bräutigam steht Georg-Franz Hager, genannt „de Järr-Franz“. (fotos: privat)
Peter Hager verdiente in frühen Jahren sein Brot mit dem Treideln an der Saar und an dem Saar-Kohle-Kanal in Lothringen. Beim „Treideln“ zogen Pferde vom Ufer aus an dicken Tauen, die meist mit Kohle beladenen Lastkähne hinter sich her. Die Treidelpfade an der Saar und den Kohle-Kanälen sind heute ideale Fahrradwege. (Wir erklären deshalb das Wort „Treideln“, weil wir feststellen mussten, dass einige unserer jüngeren Leser mit alten Ausdrücken wie beispielsweise auch dem Wort „Lenz“ heutzutage nichts mehr anfangen können.) Außerdem rückte der Fuhrmann für die saarländische Holzindustrie Langholz im Wald. Gleichzeitig belieferte er die Oberwürzbacher mit Kohle aus der St. Ingberter Grube. Noch bis Mitte der 60er Jahre betrieb Peter Hager mit zwei Pferden in Oberwürzbach sein Fuhrgeschäft, ehe er sich in den wohlverdienten Ruhestand begab.
Neben gehaltvollem Futter brauchen auch Arbeitspferde eine gute Pflege.
Peter Hager beim Striegeln eines seiner Zugpferde. Ein Fuhrmann brauchte zum Ziehen der schweren Lasten kräftige Pferde. Die Pferde der „Järr-Franze“ in St. Ingbert (doch das ist eine andere Geschichte) und auch in Oberwürzbach waren für ihre Stärke bekannt. Sie haben ein bis heute in St. Ingbert geläufiges, geflügeltes Wort geprägt. – Hatte ein „Weibsbild“ einen besonders ausgeprägten Hintern, so hieß es von ihr:
„Die hat e Hinnere, wie em Järr-Franz sei Päär!“ (foto: privat)
Text: Norbert + Ulla Wiese
in "ingoBerta, St. Ingberter Blätter",
Ausgabe 20, Mai/Juni 2004. © wiese