22.03.2021

Der Männergesangverein MGV "Sangesfreunde 1868 e.V." Oberwürzbach ist einer der ältesten Vereine in unserem Ort. In der ingoBerta, Ausgabe 17, September/ Oktober 2003 war ein schöner Bericht über diesen Verein, welchen wir unseren Lesern auf diesem Weg nochmals zugänglich machen wollen.

 

Der  Vorsitzende des MGV,Thomas Krapp und der Schriftführer Albert Schmitt haben sich die Mühe gemacht und haben hierzu das Vereinsgeschehen der zurückliegenden Jahre zusammengefasst, so dass die Vereinsgeschichte lückenlos bis heute aufgezeichnet ist.

 

Es ergeht ein herzliches Dankeschön an die Mitherausgeberin der ingoBerta- Hefte, Frau Ulla Wiese, für die Textaufbereitung für unsere Webseite  sowie für die geleistete Arbeit von Thomas Krapp und Albert Schmitt.

 Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder

Die wechselvolle 135jährige Geschichte des Männergesangvereins Sangesfreunde 1868 e.V. Oberwürzbach

 

„Am Sonntag, den 7. März 1948, 11.30 Uhr wurde in Oberwürzbach im Lokal Sauer der Gesangverein Oberwürzbach wiedergegründet. Anwesend waren 30 Sänger. Nach freier Wahl wurden in den Vorstand berufen: 1. Vorstand: Raimund Uhl; 2. Vorstand: Willi Schwarz; Kassierer und Schriftführer: Heinrich Usner; Beisitzer: August Buck; Beisitzer: Heinrich Hambach; Beisitzer: Heinrich Hauck; Vereinsdiener: Peter Degel. Zum Dirigenten konnte Lehrer Willi Messberger gewonnen werden. Probeort; Lokal Sauer. Probezeit: Sonntags 11 Uhr.“ So beginnt das in fein säuberlicher Handschrift geführte „Protokollbuch“ des MGV Sangesfreunde 1868 Oberwürzbach. Die Handschrift darin wechselt, so oft wie ein neuer Schriftführer gewählt wird.

Aufgelockert durch Bilder und Zeitungsabschnitte erzählt das Buch neben der sachlichen Darstellung der Jahresversammlungen von gelungenen Kon­zert­abenden, Besuchen befreundeter Sänger, schönen Ausflügen, besinnlichen Weihnachtsfeiern, lustigen Kappensitzungen, traditionellen Waldfesten. Der Männerchor trat bei Einweihungen von Kirchen bei Enthüllungen von Statuen auf, er verschönerte mit deutschem Liedgut Feiern, brachte unzählige Geburtstags- und Hochzeitsständchen dar und begleitete im Laufe der Jahre, in denen er nun besteht, gesanglich so manchen Kameraden auf seinem letzten Weg.

 

In diesem Jahr feiert der MGV mit unterschiedlichen Veranstaltungen, ver­teilt auf das ganze Jahr, sein 135jähriges Bestehen. Eine lange Zeit, in welcher der Verein entscheidend die dörfliche und kulturelle Struktur in Oberwürzbach mitgeprägt hat. Höhepunkt der diesjährigen Feierlichkeiten war das Fest­konzert am 21. September in der Oberwürzbachhalle mit dem Gast-Vokal­ensemble „Ad Libitum“, dem Trio „Klarifago“ aus Ommersheim und der Ober­würz­bacher Nachwuchssängerin Nina Spinner.

 

Bereits zum 90jährigen Jubiläum im Juni 1958 schrieb die SZ: „Von Samstag bis Dienstag feierte ein ganzes Dorf das Fest des Jubelvereins „Sangesfreunde“ „1868“, ein Fest, das mit der Geschichte des Dorfes untrennbar verbunden ist; Neun Jahrzehnte des „Auf und Ab“, die nur ein Grenzlanddorf es erleben kann. Auf und Ab kennzeichnen auch die Meilensteine des Vereinsgeschehens.“

Peter Miedel                                                  foto: Familienarchiv ingoBerta

Dieses begann im Jahr 1868, als Mitglieder der ersten Oberwürzbacher Musikkapelle, sich entschlossen, einen Gesangverein zu gründen. Der erste Dirigent war Kapellmeister Heinrich Miedel II. Die Singstunden fanden im alten Schulhaus(Schwesternhaus) statt. Lehrer Johann Strack, der 1871 den Verein als Dirigent übernahm, verzeichnete als Kassenbestand in dem von ihm angelegten ersten Vereinsbuch am 20. April 1870 den Bestand von 20 Gulden und 36 Kreutzern. Schon bald zeichneten sich erste gesangliche Erfolge ab.

So errrang der Verein in Spiesen im Jahr 1876 mit dem Lied „Im Knopfloch eine Rose“ bei einem Wettbewerb den ersten Preis. Ob die Preußen das den Oberwürzbacher Bayern übelnahmen oder nicht, ist allerdings nicht bekannt. Im gleichen Jahr fand übrigens die Fahnenweihe des Vereins statt, die be­dauer­­licherweise von einem Unglück überschattet wurde.

Kapelle Peter Miedel                                   foto: Familienarchiv ingoBerta

Während der Festzug sich durch das Dorf in Richtung zum Festplatz in der Kuckucksdell in Bewegung setzte, wurde zur Feier des Tages mit „Katzen­köpfen“ (kubische Ka­no­nen­schläge) geschossen. Als der Festzug am Schindtal vorbeikam, krachte ein Schuss, bei dem der Schießer Valentin Becker den Tod fand. Ein Jahr später beteiligte sich der Verein an der Fahnenweihe des MGV Frohsinn St. Ingbert.

Dass schon immer der Geselligkeit gefrönt wurde, geht aus einer Quittung vom 18. Januar 1897 hervor, in welcher der Gastwirt Oskar Sauer dem Verein bescheinigt, für 20 Liter Bier 4,84 Mark erhalten zu haben. In einem Miet­vertrag vom 23. Oktober 1898 ist nachzulesen, dass Oskar Sauer den Sängern Privaträume vermietete, wo sie einmal in der Woche proben konnten.

Als 1901 der damalige Dirigent Niklaus Kunkel mit seiner Klarinette den Takt­stock aus der Hand legte, brach eine Zeit der Ermüdung und der Resignation an. Der Musikverein, aus dem der Gesangverein herausging,  löste sich auf,  der Gesangverein selbst erlebte seine erste Krise. Zum ersten Mal war er ohne einen Dirigenten. Aus der Not gründete der junge Lehrer Gustav Walle mit den wenigen verbliebenen Sängern ein Doppelquartett, gesungen wurden nur Volkslieder. Der Verein wuchs und gedieh wieder, bis der erste Weltkrieg dem Auf­schwung ein jähes Ende setzte. Die Arbeit im Gesangverein ruhte bis 1918 Lehrer Ludwig Becker das „Zepter“ in die Hand nahm. Am Christi-Himmel­fahrtstag des Jahres 1922 sang der MGV bei der Grundsteinlegung der ersten Ober­würz­bacher Kirche, und umrahmte musikalisch am 22.  Juli des Folge­jahres deren Einweihung als „Kirchenchor“. Mit der offiziellen Gründung eines neuen Gesangvereins in der Wirtschaft von Alfons Becker, wurde dem Provisio­rium ein Ende gesetzt. Der Verein nannte sich  nun „Gemütlichkeit“. Nach mehreren Dirigentenwechseln weihte der Gesangverein „Gemütlichkeit“ seine neue Fahne 1930. Diesmal ohne besondere Zwischenfälle, sieht man einmal davon ab, dass vermutlich einige Sangesfreude, am nächsten Tag mit einem Brummschädel aufwachten. Ab jetzt nennt man sich „Sangesfreunde“.

 

Ein paar Jahres später ereilt das Kriegsgeschehen wiederum die Bürger und die Vereine. Alle jungen Sänger aus Oberwürzbach mussten zu den Soldaten. Als nach dem Krieg die Amerikaner 1945 in Oberwürzbach einmarschierten, wurde einem Panzer das 1876 geweihte Fahnentuch vornüber gelegt, das neue Fahnentuch in der Euphorie einem Panzerfahrer übergeben. Der schwenkte es während der Fahrt aus der Kuppel um es dann vor dem Haus des Johann Schnabel wegzuwerfen. Die Oberwürzbacherin Elschen Krill hob es auf und nahm es in Verwahrung. Niemand ahnte, dass anschließend alle Vereine ver­boten wurden.

Seit der Neugründung 1948 hat der Männergesangverein „Sangesfreunde 1868“ e.V. inzwischen unzählige dörfliche Ereignissen und Festivitäten mit bewegenden Liedvorträgen verschönert und zu einem harmonischen Ablauf bei­ge­tragen. Besuche und Gegenbesuche bei befreundeten Vereinen, Ausflugs­fahrten und das jährliche Waldfest im Hirschental tragen zur Pflege der Gesel­lig­keit bei. Dennoch hat der MGV Oberwürzbach das Problem, das im Prinzip alle Männerchöre haben. Bei einem Durchschnittsalter von 65 Jahren und Nach­wuchssorgen sieht es für die Zukunft nicht gerade rosig aus.

 

Die Zeiten haben sich eben geändert. Als vor über hundert Jahren allerorten Musik- und Gesangvereine gegründet wurden, war es deren Ziel deutsches Kulturgut in geselliger Runde und oft auch in der freien Natur zu pflegen und die Mitmenschen damit zu erfreuen. Diese Werte gelten heute als veraltet. Auto, Fernseher und das Internet sind die modernen Unterhalter und Gesell­schafter geworden. Selbst der traditionsreiche Oberwürzbacher Gesangverein kommt nicht darum herum, das Internet als Medium zu nutzen. Unter www.oberwuerzbach.de/gesangverein kann man unter anderem die Chronik des Vereins nachlesen. Zusammengestellt hat sie Schriftführer Albert Schmitt. Sie war neben dem Protokollbuch Basis dieses Artikels.

 

...zu den Protokollbüchern des MGV

 

 (text und foto © Ulla Wiese)

Publiziert in ingoBerta, St. Ingberter Blätter, Ausgabe 17- Sept.-Okt. 2003